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Beschreibung
La Chanca
von Juan Goytisolo
Den ganzen Spätnachmittag lang führt mich mein Freund durch sein Reich des Hungers und der Rachitis, des Trachoms und der Lepra, und Luiso wird ganz heiser vom Sprechen, und auf seinem Gesicht zeigt sich eine grimmige Lust, ein wilder und verzweifelter Stolz. Auf derselben Erde, die vor einigen Jahrhunderten Zeugin einer blühende Zivilisation war, die, vor nicht mal achtzig Jahren, Fabriken besaß, Gießereien und Bergwerke, herrscht jetzt das Elend, und der Almerienser führt die Existenz eines Sklaven, der einer barbarischen kolonialen Ausbeutung unterworfen wurde.
Rezensionen:
Mit diesem Werk wird der Leser auf direkte und hautnah wirkende Weise mit der spanischen Diktatur der 1950er und 1960er Jahre konfrontiert, und der Kontrast zur heutigen Demokratie scheint enorm. In seinem reiseberichtartigen und autobiographisch geprägten Roman erzählt Juan Goytisolo von seinen Eindrücken in Almería, einer Stadt im Südosten Andalusiens, und macht somit mit dem Ort bekannt, in dem einst der Ursprung seiner politischen und intellektuellen Inspiration lag.
Maria Kalinina (Jenior Verlag)
Schauplatz der Erzählung ist das Arbeiter- und Zigeunerviertel La Chanca in Almería. Goytisolos Suche nach der Familie eines Freundes im Almería der Franco-Zeit steht im Spannungsfeld zwischen seinem sozialen Engagement für die Belange der Bewohner des Viertels und seiner Faszination von Almería, der lichtdurchfluteten Stadt im Südosten Andalusiens. Der Text erscheint hier zum ersten Mal in deutscher Übersetzung. Goytisolos „La Chanca“ in der einfühlsamen Übersetzung von Einar Schlereth und dem pointierten Nachwort von Felix Hofmann ist nicht nur der Gegenspiegel zu Spanien heute. Der Band demonstriert auf eindringliche, ergreifende Weise in nuce, wo der ästhetische und politische Weg des bedeutendsten spanischen Schriftstellers seinen Anfang nahm.
Hans Jürgen Schmitt in: Frankfurter Rundschau, 20. Dez. 2001
„La Chanca“ sei, ebenso wie „Campos de Níjar“, in Spanien bereits Anfang der sechziger Jahre erschienen und stelle ein Frühwerk von Juan Goytisolo dar, informiert Hans-Jürgen Schmitt vorweg. Dieses Buch über ein überwiegend von Zigeunern bewohntes Armenviertel in Almería sei „alles andere als die übliche Reiseprosa“, versichert der Rezensent. Vielmehr könne es den Hass des Autors auf sein Land erklären, das dieser verließ, weil er sich dort zu den „kulturellen Dissidenten“ zählte. Die einst bettelarme Region in Andalusien habe sich heute in „ein reiches, aber äußerst umstrittenes Gemüseparadies verwandelt“, weiß Schmitt. Somit sieht er „La Chanca“ nicht nur als ein Zeugnis über die schriftstellerischen Ursprünge „des bedeutendsten spanischen Schriftstellers“, sondern gleichzeitig als einen „Gegenspiegel zu Spanien heute“. Die Übersetzung von Einar Schlereth und das Nachwort von Felix Hofmann, die Schmitt beide lobend erwähnt, haben sicherlich zum Gelingen des Bandes beigetragen.
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