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Beschreibung
Kassel neu entdecken
Sechs Themenspaziergänge durch Kassel
Kassel ist eine verkannte Schönheit. Die nordhessische Metropole drängt sich dem modernen Städtetouristen nicht auf, sie will erobert werden.
Obgleich viele Kasseläner selbst ihre Stadt als hässliches Entlein wahrnehmen, war sie lange als eine besonders schöne Residenzstadt bekannt. In der Bombennacht vom Oktober 1943 wurden jedoch alle Fachwerkgebäude der historischen Altstadt verbrannt. Für die darauf folgenden unliebsamen Nachkriegsbauten aus der Zeit des Wiederaufbaus ist die Stadt heute tragischerweise bekannter als für ihre viel ältere Geschichte. Doch wer sich die Mühe macht, kann viele Schichten der über tausendjährigen Geschichte der Stadt noch erfahren. Dazu will Sie dieses Buch an die Hand nehmen und Ihnen sechs Spaziergänge vorschlagen, die Ihnen viele Facetten Kassels näherbringen mögen.
Die mittelalterliche Altstadt, die französische barocke Oberneustadt und die Residenz mit ihren vielen noch erhaltenen Schlössern und Burgen sind drei Themen dieser Touren. Außerdem können Sie die Industrialisierung Kassels im 19. Jh. über einen Spaziergang an der Losse im Stadtteil Bettenhausen erfahren und die neue Identität der Stadt als Weltmetropole der modernen Kunst in der zweiten Hälfte des 20. Jh. anhand in der Stadt zu bewundernder Kunstwerke erleben. Zum Schluss ein Ausflug ins Umland: Im Niestetal lockt Uschlag mit seinem dörflichen Charme.
Die mittelalterliche Fachwerkaltstadt
Kassels tragisches Alleinstellungsmerkmal, die vollständige Zerstörung seiner Altstadt im zweiten Weltkrieg, macht es einem nicht leicht die Spuren der Stadtgeschichte zu entdecken. Außerdem wurde dadurch der einst besondere „Dreiklang Kassels“ endgültig zerstört. Dieser bestand aus dem Zusammenspiel der vielen Schlösser und Bauten der hessischen Landgrafen, der barocken Oberneustadt, sowie besagter mittelalterlicher Fachwerkaltstadt.
Da in der Unterneustadt fast keine Relikte des alten Kassels mehr zu finden sind, bezieht sich dieser erste Spaziergang auf die eigentliche Altstadt und die ‚Freiheit‘. Letztlich gibt es notgedrungen nur noch steinerne Zeugen der Vergangenheit, da alles Hölzerne den Flammen von damals zum Opfer gefallen ist.
Die barocke Oberneustadt
Eine prägende Zeit der Kasseler Geschichte war die Herrschaft von Landgraf Karl. Unter anderem war dieser für die Ansiedlung von 2000 französischen Migranten verantwortlich, welche nach der Aufhebung des Edikts von Nantes als Protestanten nicht mehr sicher in Frankreich leben konnten. Karl war der erste deutsche Fürst, der ihnen Zuflucht bot, da er sich erhoffte daraus einen Nutzen schlagen zu können. Sie sollten die Wirtschafts- und Steuerkraft der Landgrafschaft steigern, was mit einer Zahl von 2000 Hugenotten bei einer damaligen Bevölkerung von 6000 Einwohnern nicht unwahrscheinlich erschien.
Die Oberstadt, bestehend aus neun Planquadraten, entstand schließlich zwischen ‚Schöner Aussicht‘ und Königsstraße, Friedrichsplatz und Fünffensterstraße. Heute sind leider auch von der barocken Oberneustadt nur wenige Gebäude erhalten geblieben. Wenn man sich einen Eindruck der Ansicht der ehemaligen Oberneustadt verschaffen will, lohnt ein Ausflug nach Bad Karlshafen, dessen Zentrum noch weitgehend im hugenottischen Stil erhalten ist.
Moderne Kunst in Kassels öffentlichem Raum
1955 wurde in Kassel eine der ersten Bundesgartenschauen veranstaltet. Diese sollten die zerstörten deutschen Großstädte mit Gartenkultur wieder ‚aufhübschen‘. Arnold Bode, damals Lehrer an der Werkkunstschule Kassel, hatte die Idee in Kassel auch die Kunst, die unter dem Nationalsozialismus verpönt oder gar verboten war, zur Schau zu stellen. Er schaffte es viele große Werke und Künstler wie Picasso und Chagall nach Kassel zu holen und somit die erste documenta stattfinden zu lassen. Ihr Erfolg war so überraschend und überwältigend, dass man sie von nun an alle vier, später fünf, Jahre wiederholte. Anfangs noch von den Kasselänern skeptisch beäugt, entwickelte sich die documenta zu einem von Kassels großen Markenzeichen.
Zum Autor:
Heinrich Lintze, geboren 1952 in Uschlag, hat in Kassel Abitur gemacht und lebt seit 1980 in Bremen, wo er lange Jahre als Lehrer arbeitete. Heute lebt er in Bremen und Uschlag, führt Stadtspaziergänge zu kulturgeschichtlichen Themen durch und schreibt Bücher.
Links:
Zum zweiten Teil in der Reihe Kassel neu entdecken 2