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Beschreibung
Gerhard Fieseler: Eine Karriere
Ein Wirtschaftsführer im Dienste des Nationalsozialismus
von Thorsten Wiederhold
Mit dem Namen Gerhard Fieseler verbindet sich der Weltruf eines Kunstfliegers und das Renommee eines Kasseler Flugzeugbauers. Er gilt als einer der großen Söhne der Stadt, dessen Andenken ehrend bewahrt wird. Thorsten Wiederhold lenkt mit seiner unter dem Titel „Gerhard Fieseler – eine Karriere. Ein Wirtschaftsführer im Dienste des Nationalsozialismus“ veröffentlichten Studie erstmals die Aufmerksamkeit auf die Karriere Fieselers als Wirtschaftsführer im Nationalsozialismus.
Im Ersten Weltkrieg als Kampfflieger erfolgreich, in der Weimarer Zeit als Kunstflieger weltbekannt geworden, begann Fieseler 1930 zunächst Segelflugzeuge, aber schon bald Motorflugzeuge zu bauen. Parallel zur Machtergreifung Hitlers expandierte die Firma rasch, profitierte von den steigenden Aufträgen des Reichsluftfahrtministeriums unter Hermann Göring, stieg zum Großunternehmen und NS-Musterbetrieb auf und wurde als Fertigungsstätte von Militärflugzeugen ein fester Bestandteil der vom Nazi-Regime forcierten Aufrüstungspolitik. Die Fieseler Werke lieferten für den Krieg nicht nur den Fieseler-Storch und die Jagdflugzeuge Me 109 und Fw 190, sondern entwickelten auch die V1. In den drei Kasseler Werken des Unternehmens waren zeitweise mehr als 10 000 Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigt, darunter Tausende, überwiegend aus den Niederlanden stammende, Zwangsarbeiter.
Gestützt auf die Akten des Entnazifizierungsverfahrens, der vollständig erhaltenen Fieseler Werkszeitung sowie übergreifender Fachliteratur zur Flugzeugindustrie, zur Göring’schen Luftfahrtpolitik, zur Geschichte der sogenannten NS-Musterbetriebe und der betrieblichen Sozialpolitik im Hitler-Staat wird die Rolle Fieselers als Betriebsführer im NS-Staat sorgfältig untersucht, wobei die Frage nach dem Ausmaß der Zusammenarbeit mit den NS-Machthabern im Vordergrund steht. Ebenso eingehend betrachtet werden das Spruchkammerverfahren und die Verteidigung Fieselers im Entnazifizierungsprozess.
Seine Darstellung und die Strategie seiner Anwälte, ihn als Opfer oder Widersacher des Systems zu präsentieren, führten schließlich zur vollkommenen Entlastung der Person – ein Urteil, das eher zur Legendenbildung und Verharmlosung als zur historischen Wahrheitsfindung beigetragen hat.